An einem frühen, kalten Morgen war der einstige Räuber mit seinen Männern aufgebrochen, um die Große Oase des Friedens anzugreifen. Er wusste, dass er damit das Gebot der Oase brach, an diesem Ort nicht zu töten. El Kebir hatte schlagkräftige Argumente, die die Skrupel seiner Reiter einschläferten. Brachen nicht die Fremden auch frevelhaft ein Gebot Allahs, indem sie diese unverschleierte Frau überall schamlos vorzeigten? Außerdem würde es keine Toten geben. Die Fremden waren schwach, sie hatten keine Sicherheitsvorkehrungen in ihrem Camp getroffen, sie waren entkräftet von der Hitze und im Wüstenkampf unerfahren. Und was die Bande am meisten überzeugte: Sie führten genügend Vorräte, Waffen und Zigaretten mit sich, daneben alle möglichen Luxusgegenstände, die aus seinen Männern reiche Leute machen würden. Voller Gier und mit beruhigtem Gewissen brachen die Banditen schließlich auf, um das Lager der Weißen noch vor Sonnenaufgang zu erreichen.
Etwa eine halbe Meile von der Oase entfernt pflockten sie die Pferde an und begannen, die Schlafenden zu beschleichen. Im ersten Dämmerungslicht erreichten sie die vorgelagerten Hügel und warfen sich in den Sand. Da erspähte El Kebirs scharfes Auge auf der gegenüberliegenden Seite zwischen den Bäumen die Silhouette des schlanken Tieres. Zuerst hielt er es für einen großen Hund, doch dafür bewegte es sich zu geschmeidig. Jetzt duckte sich das Tier auch schon und schnellte mit unglaublicher Geschwindigkeit aus dem Dickicht hervor. Mit sagenhaften Sätzen eilte es zuerst auf die kleine Pferdekoppel zu, umsprang fauchend die erwachende Herde, die sofort in ohrenbetäubendes Gewieher ausbrach, und rannte dann weiter auf das Camp zu. Sein Fell war gepunktet, messerartige Zähne ragten aus seinem Maul. Die Räuber hatten nicht mit Jack gerechnet, der mit Bewacherinstinkt den Schlaf seiner Herrin sicherte.
El Kebir riss das Gewehr an die Wange. Doch die Katze war zu schnell für den Schuss, der krachend nun endgültig die Lagerbewohner weckte. Sofort änderte der Anführer die Taktik und schnellte empor. Seine Männer stürmten ihm nach auf die Zelte zu. Dort schrien und rannten die überraschten Opfer des Überfalls umher, um ihre Waffen zu ergreifen. El Kebir ordnete im Laufen an, sofort die Pferde zu holen. Dann ging alles sehr schnell. Schüsse krachten und Fäuste flogen. El Kebir rannte unbeirrt auf das größte Zelt zu, in dem er die Anführer der Expedition vermutete. Da vertrat ihm ein riesiger weißer Mann den Weg, versperrte mit seinem gewaltigen Körper den Eingang zum Zelt. Der Wüstenräuber griff nach dem Dolch, doch Bob Gideon wich dem Wurf geschickt aus. Die gefährliche Klinge landete im Sand. Dann stürmte er wie ein Stier auf den Werfer los und rammte ihm den gesenkten Kopf machtvoll in den Bauch. Nachdem El Kebir wieder Atem holen konnte, begann ein zähes Ringen. Die beiden Kämpfer, die sich an Mut und Kraft nichts schuldig blieben, wälzten sich minutenlang keuchend auf dem Boden. Schließlich entwand sich der geschmeidige El Kebir der Umklammerung Gideons und versetzte ihm einen blitzschnellen, gezielten Schlag an die Schläfe. Der Amerikaner taumelte und stürzte in den Sand. Diese wenigen Sekunden nutzte der Räuber, um in das Zelt zu hasten, die blonde Frau durch den gleichen wirkungsvollen Hieb bewusstlos zu schlagen, sich ihren leblosen Körper über die Schulter zu werfen und wieder ins Freie zu gelangen. Dort war Bob inzwischen mit zwei anderen Angreifern in einen harten Kampf verwickelt. El Kebir begrüßte diesen Umstand und rannte mit seiner Beute den Hügeln zu, wo bereits ihre Pferde auftauchten. Die Räuber zogen sich so schnell aus dem Gefecht zurück, wie sie gekommen waren, im Lager neben heillosem Durcheinander auch einige Verletzte hinterlassend. In aller Eile rafften die Fliehenden noch umherliegende Waffen und Gegenstände an sich, um dann schnell ihre Pferde zu erreichen. Schon sprangen sie in die Sättel. El Kebir hatte die Geraubte vor sich auf Karim gesetzt, als noch einmal die große Katze auftauchte. Mit gefletschten Zähnen kam der Gepard in riesigen Sprüngen auf den Hengst zugerannt. Schon duckte sich Jack zum tödlichen Sprung an dessen Kehle. Karim bäumte sich wild auf und stürmte in panischer Angst vor der Raubkatze davon. Doch die hielt in sagenhafter Geschwindigkeit Schritt, überholte und warf sich dem Hengst in den Weg, der in seiner Panik wild austrat und sich wie ein Kreisel drehte. El Kebir hatte fast die Gewalt über sein Reittier verloren, hielt krampfhaft die immer noch bewusstlose Frau an sich gepresst und versuchte, die lange Lanze aus der Sattelschlaufe zu ziehen, woran ihn das sich wie toll gebärdende Pferd hinderte. Da setzte Jack erneut zum Sprung an. El Kebir trat in höchster Not der Katze mit voller Kraft in den weit geöffneten Rachen mit dem gräulichen Gebiss. Wimmernd schleuderte der Gepard in den Sand, rappelte sich aber sogleich wieder auf und sprang erneut. Noch einmal traf ihn der Stiefel mit mörderischer Wucht am Kopf. Diesmal blieb die Katze wie tot im Sand liegen. In diesem Moment öffnete Vera die Augen und sah ihren Liebling leblos. Wie von Sinnen vor Schmerz und Wut schrie sie seinen Namen, kratzte und schlug wild auf ihren Entführer ein. Doch dieser hatte die Lage bereits wieder im Griff. Triumphierend lachte er auf, umklammerte Vera fester, hielt ihre Hände gepackt und gab Karim die Sporen. Der Hengst flog davon, froh, dem entsetzlichen Ungeheuer entronnen zu sein. So jagte die ganze Bande im fliegenden Galopp ihrem Unterschlupf in den Felsen zu. Vera liefen lautlos Tränen über das verstörte Gesicht.
Die Zeit, die nun begann, schien El Kebir noch heute die verrückteste und schönste seines Lebens. Im Felsenunterschlupf angekommen, stieß er Vera grob vom Pferd. Doch geschmeidig wie eine Katze stand sie sofort auf den Beinen, wischte sich energisch Tränen und Staub aus dem Gesicht und presste verbissen die Lippen aufeinander. Zornige Blicke funkelten El Kebir aus den großen hellen Augen an. Zum ersten Mal betrachtete er seine Beute aus der Nähe. Vera trug ein knöchellanges weißes baumwollenes Nachthemd mit einem weiten Ausschnitt, der jetzt über eine ihrer Marmorschultern rutschte. Die lange blonde Mähne wehte um den herrisch zurückgebeugten Kopf. Deutlich zeichneten sich im Wind unter dem dünnen Gewand ihre schmalen Hüften, die langen Beine und mädchenhaft kleinen Brüste ab. Selbstbewusst hielt Vera der Musterung stand. Sie wusste, dass sie einen schönen, völlig durchtrainierten Körper besaß, und Stolz stand in ihren Augen. Endlich glitt der lange Wüstensohn aus dem Sattel, deutete halb spöttisch eine Verbeugung an, legte dabei eine Hand aufs Herz und sagte: »Du bist schön, Prinzessin aus dem Abendlande. Sei willkommen im Reich der Schwarzen Reiter El Kebirs.« Dann winkte er den zaghaft nähertretenden Frauen, die Vera mit sich nahmen in eine Felsenhöhle.